Revierbericht – Das Kap der Kaps – Kap Hoorn

Kap Hoorn – Traum und Wirklichkeit

Als wir unsere Fahrt um den Globus planten stand natürlich die grobe Routenführung im Mittelpunkt, denn anhand dieser entscheidet sich von der Art des Schiffes bis hin zum Zeitplan so ziemlich alles. Trotz anfänglicher Träume stellt sich bei der Planung eines solchen Unternehmens bald heraus, dass es bei einer Weltumsegelung, bei der es grundsätzlich um den Kontakt mit fremden Kulturen gehen soll es eigentlich nur eine Route gibt. Die einzige Frage die sich stellt ist Kaps oder Kanäle? Wir haben uns für beide Kaps entschieden. Kap Hoorn einfach weil wir die Karibik bereits sehr gut kennen, hingegen Südamerika nur sehr wenig. Für das Kap der guten Hoffnung entschieden wir uns wegen der augenblicklichen politischen Lage, da wir aber erst in ca. drei Jahren diesen Abschnitt erreichen, kann sich da natürlich noch einiges ändern. Unser Weg führte uns bis jetzt von den Niederlanden über Madeira, die Kanaren, die Kap Verden an die Küste Südamerikas. nach Brasilien. Von dort hanteln wir uns langsam Richtung Argentinien. In der Rio de la Plata Mündung trennen sich die Wege vieler Segler. Erstens die Buenos Aires als südlichten Punkt ihrer Reise sehen und sich langsam wieder nach Norden die brasilianische Küste entlang in die Karibik machen. zweitens die Gruppe welche von hier weiter nach Südafrika fahren und zu guter Letzt jene welche die um das berühmte Kap in den Pazifik wollen.
Der Ausgangspunkt dieser letzten Gruppe, wie auch unserer ist Mar del Plata, wo das Schiff die nötigen Adaptionen für diese Fahrt erhielt. Da die Strecke von der Plata Mündung bis an die Südspitze von sehr schlechten Liegeplätzen, starken Gezeiten und unstetigem Wetter geprägt ist fahren wir die Strecke so schnell als möglich. Wir machen nur einen kurzen Stop nahe dem Punta Tombo es liegt circa auf halber Strecke und gleich vor dem Golfo San Jorge. Dieser gehört zu einem der berüchtigtsten Seegebiete dieser Region und macht ein abwarten auf das richtige Wetterfenster notwendig. Punta Tomba beherbergt zu unserer Freude die größte Magellanpinguinkolonie außerhalb der Antarktis der Welt. Das richtige Wetterfenster für diese Schlüsselstelle bekommen wir leider nicht daher kämpfen wir uns drei Tage gegen Sturm und mörderisch kurze See.

Überfahrt zum Kap Hoorn

Schlauer geworden aus der Erfahrung im Golfo San Jorge entscheiden wir uns dafür, die Bahia Grande so küstennah wie möglich (30-50NM) zu besegeln, um den gefürchteten Wellen aus dem Weg zu gehen und behalten damit recht, relativ entspannt erreichen wir daher die Einfahrt der La Maire Straße. Da diese nur bei richtigem Wetter und bei mitlaufender Gezeit zu durchfahren ist warten wir auf die richtigen Verhältnisse in einer der sichersten und zugleich spektakulärsten Plätze die die Staateninsel zu bieten hat, den Puerto Hoppner.

Puerto Hoppner

Puerto ist eigentlich etwas großspurig, da es sich eigentlich bei dieser Bucht um zwei hintereinanderliegende Becken handelt, wobei das Hintere nur über eine ca. 7m breite sehr seichte Einfahrt erreicht werden kann, welche nur bei Hoch- oder Niederwasser aufgrund der sonst auftretenden starken Strömungen durchfahren werden kann. Wir legen uns ins Außenbecken und warten geduldig auf den Gezeitenwechsel. Vier Stunden später stehen wir sicher mit vier Landleinen versponnen in einem malerischen Alpensee welcher uns die nächste Zeit beherbergt. Eine Woche erholen wir uns mit wandern und relaxen in völliger Einsamkeit von den Strapazen der letzten vier Wochen.
Trotzdem müssen weiter denn der Sommer ist schon ziemlich fortgeschritten und wir haben noch eine gehörige Strecke vor uns.
Die Le Maire Straße gehört sicher zu den schwierigsten Passagen der Etappe, der Wind und der Gezeitenstrom müssen so lange als möglich mittlaufend sein. Aber wie in der Natur der Sache hat man was den Strom betrifft nur ca. 6 Stunden anschließend kippt er. Diese 6 Stunden reichen zwar bei gutem Timing meist aus um durch die Straße zu kommen jedoch dann hat man den Strom an der Südküste gegen sich. Wir starten also von Puerto Hoppner wobei wir gut zwei Stunden vor Hochwasser unserer Landfesten lösen und gegen ca. 4 Kn Strom durch die enge, riffgespickte Ausfahrt bolzen, anschließend versuchen wir so weit wie möglich in die Le Maire Straße zu gelangen bis uns schließlich der Ebbstrom durch die Meerenge zieht. Kaum haben wir die Straße hinter uns kippt der Strom und wir dampfen mit voller Maschinenleistung ca. 1Kn gegen den Strom daher suchen wir uns einen der raren Ankerplätze an der Südküste aus um den gegenlaufendem Strom zu entgehen. Die letzten paar Meilen nach Ushuaia geben uns die Tage darauf annähernd einen Vorgeschmack auf die weiteren 1300Nm biss wir wider freies Pazifikwasser unterm Kiel genießen dürfen.
Nach über einem Monat muss man sich erst wieder an den Trubel einer Großstadt gewöhnen. Ushuaia ist am besten zu vergleichen mit den großen Skiorten der Alpen während der Saison. Überall begegnen einen die mit bunter und teurer Funktionswäsche bekleideten und ewig lustigen Abenteuertouristen.

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Ushuaia nimmt mit seinen ca. 61.000 Einwohnern eine Schlüsselposition in dieser Region ein, aus politischen Gründen wird die Stadt von Argentinien extrem bevorzugt und motiviert daher viele in diese unwirtliche Gegend zu ziehen. Für uns Segler ist Ushuaia übrigens ein Paradies man bekommt hier einfach alles um seinen schwimmenden Untersatz für die nächste Etappe entsprechend vorzubereiten und zu verproviantieren. Nächstes Ziel ist für die ganze Seglergemeinde Puerto Williams, denn hier muss für Chile einklariert werden und man bekommt die heißbegehrte „Zarpe“ die Fahrtgenehmigung in den chilenischen Gewässern.
Wir sind jetzt ein Jahr und ca. 10.000Nm unterwegs, also ist es selbstverständlich ein Muss auch die letzten 60Nm nach Süden zu bewältigen um die Isla los Hornos zu besuchen und somit das Cap der Caps wirklich zu umrunden.
Schon vorher haben wir von vielen Seglern gehört, dass sie lange warten mussten um das richtige Wetterfenster zu bekommen und es dann doch nicht oder nur mit Ach und Krach geschafft haben. Um dieser Enttäuschung zu entgehen nahmen wir uns vor maximal eine Woche zu investieren. Außerdem wollten wir auf kein gutes Wetterfenster warten, sondern die Politik der kleinen Schritte machen. Am Tag nach unserer Ankunft in Puerto Williams brachen wir also auf und schafften wider erwarten gleich 40Nm, leider haben wir uns bei der Einfahrt in die Ankerbucht an der Leine eines Fischerkorbes mit der Schraube verfangen somit musste ich in 7mm Neopren verpackt unter Wasser um uns zu befreien. Kaum in der Bucht angekommen orgelte der Wind los und wir mussten folgedessen einen Tag dort verbringen.

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Nach dem Abflauen des Windes brachen wir zur nächsten Etappe auf und kamen bis ca. 10 Nm ans Kap heran. Tags darauf hatten wir herrlichstes Wetter, jedoch leider sehr viel Wind genau auf die Schnauze, wir wagten es dennoch durch das Inselgewirr geschützt weitere 5Nm zu fahren und ankerten dann im Schutze eines Caps. Kaum zwei Stunden später welche wir zu einem ausgiebigen Frühstück nutzten flaute der Wind ab und wir konnten bis zur Kapinsel fahren, dort sogar ankern und anlanden. Leider ist der einzige Ankerplatz der Isla los Hornos mehr als schlecht 20m tief voll Kelb und Steinen. Trotz 70m Kette und 35kg Anker konnten wir ihn mit lehrlaufdrehzahl Achteraus ausbrechen.

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Daher entschieden wir uns einzeln an Land zu gehen! Im Laufe der Zeit löste sich auch der Dunst auf und wir hatten vollständig blauen Himmel und herrliche Fernsicht.
Obwohl es nicht unser Ziel war dieses Stückchen Erde zu besuchen ist es für einen Segler ein unwahrscheinlich ergreifendes Gefühl mit eigenem Bug hier zu sein. Auch die Rückreise in die gleiche Bucht wo wir schon tags zuvor gelegen sind war kein Problem aber bereits in der Nacht wurde der Wind zunehmend stärker und am Morgen hatten wir konstant über 60Kn mit Böen bis 70Kn in der Bucht. Jedoch dank ausgezeichnetem Sandgrund und guter Wellenabdeckung der Caleta Martial kein Grund zur Sorge. Tags darauf ging es weiter nach Puerto Toro der südlichsten permanenten Ansiedlung der Welt mit 10 Familien und einer Kirche, komischerweise keinem Lokal. Nach sieben Tagen waren wir wieder zurück in Puerto Williams einem ganz großem Erlebnis und zwei schöner Stempel im Pass reicher.

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Haben wir das Cap eigentlich wirklich bezwungen, eigentlich spricht man von einer Cap Hoorn-Umrundung wenn man in einem Zug von 50° Süd im Atlantik bis 50° Süd im Pazifik durchfährt, das haben und hätten wir nie gemacht und unsere Bewunderung gilt den vielen Rahseglern die trotz ihrer sehr begrenzten Kreuzeigenschaften dieses Cap viele Male gegen die vorherrschenden Winde und Strömungen umrundet haben. Natürlich zeugen die unzähligen Mahnmale auf der ganzen Welt und vor allem die lokalen Seekarten auch von den vielen Misserfolgen.
Auf der anderen Seite gibt es hier eine große Anzahl Charterschiffe die ihre zahlende „Crew“ mit Garantie in 14 Tagen um das Kap bringen und viele kommen stolz mit einem goldenen Stecker im Ohr in Ushuaia an um glücklich in ein Flugzeug in die Heimat zu fliegen. Sei es wie es ist, jeder muss sich seine eigenen Maßstäbe setzen.

Stand: Februar 2011