6.10.2011

Mi. 05.10.2011 – Kamikazeflieger und Vitaminbomben

Portugisische Galeere - auch ein staendiger Begleiter

Wir kommen uns schon vor wie die Spürhunde, jeden Tag laufen wir schnüffelnd durch das Schiff, welche Ost- oder Gemüsesorte denn heute wieder den absoluten Reifegrad überschritten hat oder Ansätze für Fäule bekommt. Es ist wie verhext, alles wird gleichzeitig reif und so viele Vitamine auf einmal können wir kaum verzehren. Diesmal hat meine Logistik nicht ganz hingehauen, denn sogar die Kohlköpfe, die normalerweise mehrere Wochen problemlos halten, beginnen zu gammeln (obwohl mir zugesichert wurde, dass sie nicht aus einem Kühlhaus sind). Wahrscheinlich liegt es aber auch an dem feuchten Klima, das wir die letzten Monate hatten. Ich bin zwar die ganze Zeit dem drohenden Schimmel mit Chlor und Essig auf den Pelz gerückt, aber scheinbar dürften doch noch einige Sporen überlebt haben. So gibt es jetzt eben jeden Tag Zucchinipfanne, griechischen Salat, Avocados in jeder Art, Obstsalat, Schokobananen (die einzige Art wie ich Christoph diese Dschungelgurken unterjubeln kann) und sonstige kulinarische Köstlichkeiten. Es tut mir zwar leid, dass wir bereits jetzt alles essen müssen, denn in den nächsten Wochen wird es eher schwierig sein neues Obst und Gemüse zu besorgen, aber besser wir jetzt, als später die Fische.
Heute Nacht – sternenklarer Himmel, leichter Wind, der Mond lässt das Meer silbern schimmern und plötzlich ein PLATSCH ! –

unser Selbstmoerder

irgendetwas knallt an das Cockpitdach, rutscht langsam die Scheibe runter und schaut uns mit großen Augen an. An selbstmörderische fliegende Fische sind wir ja gewöhnt, aber suizidgefährdete Kalmare waren uns bis dato noch unbekannt. Wie er es geschafft hat über die Relingsabdeckung bis auf die Kuchenbude zu springen ist uns wirklich ein Rätsel – die Tierwelt ist eben noch ein Mysterium, aber wir haben dafür morgen einen leckeren Snack!

Kommentare

Hoffentlich kommt meine Nachricht nicht zu spät! Ein fliegender Kalmar ist eine absolute Weltsensation! Vielleicht handelt es sich dabei um eine Art, die aus dem Fischdasein direkt ins Vogerldasein wechselt! Mit acht Flügerln od. so. Also, bevor Ihr dieses Tier verspeist, könntet Ihr es wenigstens interviewen? Mich als Paläobiologen würde die Frage interessieren: „Kann so ein Kalmar beim Autolenken gleichzeitig, lenken, schalten, telefonieren, essen, Autoradio einschalten, die Wurstsemmel auspacken, …?“ Aber bitte, setzt das Tier nicht zu sehr unter Druck. Das würde die Antworten verfälschen!
Alles Gute noch auf Eurer Forschungsreise im Dienste der Wissenschaft! Andi

sytaurus hat am Oktober 7th, 2011 17:55 geantwortet:

Wir danken dir für deinen Beitrag diese ordinäre Fahrt ins helle Licht der Wissenschaft zu rücken. Leider müssen wir mit größtem Bedauern mitteilen, dass sich unser Besucher bei seinem heftigen Zusammenstoß mit unserem Sprayhood neben dem Bruch dreier Fangarme und einigen Hautabschürfungen auch ernsthafte innere Verletzungen zugezogen hat. Trotz sofort eingeleiteter Wiederbelebungsmaßnahmen konnte nach 11 Stunden zähesten ringens um das Leben des Patienten nur mehr der Tod festgestellt werden. Doch nach eingehender Untersuchung des Unfallherganges glauben wir einige deiner Fragen dennoch beantworten zu können. Zur Zeit des Unfalls befanden wir uns in einer ausschließlich für Raubfische, 40ft-Segeljachten sowie Clownfischen ausgewiesenen Vorrangströmung in westlicher Richtung. Nach Aussage zweier Clownfische und einem Mahi-Mahi konnte eindeutig festgestellt werden, dass der Kalmar von links kommend gegen den Strom einschwenken wollte und dabei den Unfall verursacht hat. Bei näherer Untersuchung konnten wir Reste eines Handys und Sonnenbrillen entdecken. Weiters sagt Frau B. unter Eid aus, dass sie unmittelbar vor dem Unfall Musik vernommen hat. Es ist daher anzunehmen, dass sich der Verunglückte infolge Drogeneinflusses für einen Vogel hielt und gerade beim Sender „Pazifik 1“ sein Lieblingslied den „Vogerltanz“ bestellen wollte, wobei er die Warnschilder übersehen hat. Rückstände von Wurstsemmeln konnten nicht entdeckt werden, jedoch Leberkästeile welche zu eingehenderen Untersuchungen sofort verkostet wurden. Wir hoffen dir und deiner Arbeit damit dienlich gewesen zu sein. Mit freundlichen Grüßen SY-Taurus

Hoffentlich kommt da nicht sein großer Bruder RIESENKRAKE und verschlingt Euch mit Putz und Stingel !

Liebe Grüße und gute Fahrt!

sytaurus hat am Oktober 7th, 2011 17:55 geantwortet:

Gott sei dank ist Mr. Riesenkrake gerade in der Karibik beschäftigt und außerdem wissen wir aus sicherer Quelle, dass sich Riesenkrake und Kalmar nicht sehr nahe stehen, Racheaktionen sind daher sehr unwahrscheinlich.

Hallo Barbara und Christoph,

ich verfolge Euch schon seit Eurer Abfahrt und bin immer wieder fasziniert von Euren Berichten.
Bezüglich Obst habe ich heuer im April bei einem Törn mit einem österr. Weltumsegler aus Linz einen guten Tip bezgl. Haltbarkeit bekommen.
Das Obst bzw. Gemüse einzeln in Küchenpapier einwickeln und am besten in einer gut durchlüfteten Kiste lagern – somit wird die Feuchte die beim Reifen entweicht aufgenommen und zum Bsp. Tomaten halten sich bis zu einem Monat.

sytaurus hat am Oktober 7th, 2011 17:56 geantwortet:

Danke für den Tipp, grundsätzlich stimmt das auch – wir wickeln Obst und Gemüse in Microfasertücher damit halten sie wirklich viel länger, aber dazu darf das Grünzeug vorher nicht gekühlt gewesen sein und in Valdivia hat man leider nichts anderes bekommen (obwohl das meiste direkt vom Bauernmarkt stammt). Wir hatten dieses Problem schon mal in Miami um für eine Fahrt nach Gibraltar zu bunkern. An der ganzen Ost-Küste hat man auch kaum ungekühltes Grünzeug bekommen.

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