Schon wieder ist ein Jahr um, für uns nun schon das zweite Jahr auf See oder sollten wir besser schreiben in Buchten und Häfen? Aber erst mal von Anfang an, wir sind am 14.04.2010 von Lemmer in den Niederlanden aufgebrochen und haben dabei im ersten Jahr 10.696 NM zurückgelegt. Am 20.02.2011, also 10 Monate später umrundeten wir bereits das Kap Hoorn.
Im letzten Jahr haben wir uns schon mehr Zeit gelassen und nur mehr 7.636 NM herunter gespult, um schließlich hier in Tahiti, im Herzen der Südsee, einzutreffen. Aber scheinbar verlernt man auch das Segeln, denn im Gegensatz zum ersten Jahr sind wir mit 1.927 NM um ca. 700 NM mehr unter Maschine gefahren, aber kann man das wirklich so sehen? Schwer zu sagen, denn die chilenischen Kanäle sind eine Klasse für sich. Permanenter Nordwestwind und enge Fahrwasser, die selbst sehr ambitionierte Segler nur selten zum Kreuzen motivieren, sprechen eine klare Sprache. Auf dieser 1.760 NM langen Strecke vom Kap nach Valdivia konnten wir immerhin 295 NM segeln, das ist weitaus mehr, als bei so manch anderem Schiff – d.h. wir haben alleine auf dieser relativ kurzen Strecke 1.465 NM unter Motor zurückgelegt und dabei 904 l besten chilenischen Diesel verheizt, das ist weit mehr als wir die übrigen zwei Jahre verbraucht haben.
Bei jedem Autofahrer sollten sich jetzt alle Nackenhaare aufstellen, denn dies entspricht 0,62 Liter pro nautischer Meile oder erschreckende 33,5 l/100km! Würde man unsere bisher gefahrene Gesamtstrecke nun mit unseren bisher verfahrenen Treibstoff aufrechnen käme man auf 4,5l/100km. Und das obwohl wir einen sparsamen Motor besitzen und wann immer möglich segeln – von wegen ökonomisches Fortbewegungsmittel!
Wir werden immer wieder gefragt, was wir denn die ganze Zeit machen. Na ja, scheinbar nicht das Schiff bewegen! Denn in diesem Jahr sind wir nur 128 Tage gefahren, immerhin 37 Tage mehr als im Jahr zuvor. Aber das liegt ebenfalls an den chilenischen Kanälen, da wir immer nur kurze Tagesetappen zurücklegen konnten. Trotzdem haben wir uns nur 26% unserer Zeit mit unserem schwimmenden Heim fortbewegt. Die restliche Zeit hatten wir zur freien Verfügung um Land und Leute kennen zu lernen, tja schön wäre es, aber eine unserer Hauptbeschäftigungen ist es, das Schiff am Laufen zu halten und vor allem die Millionen Dinge für unser Wohlbefinden und natürlich das unserer Taurus ausfindig zu machen, zu besorgen und an Bord zu schleppen. Dies kann ganz schön ins Gewicht gehen, wir versuchen zwar kontinuierlich unsere Vorräte aufzufüllen, aber hin und wieder müssen wir auch Großeinkäufe starten. Diese waren in Lemmer / Niederlande, Gran Canaria /Kanaren, Mar del Plata/Argentinien und Ushuaia / Argentinien jeweils ca. 500kg oder in Valdivia / Chile ca. 1,2t (sollte für den Gesamtpazifischen Raum reichen).
Schwimmt unser Schiff denn da eigentlich noch? Was soll ich sagen unser Wasserpass ist mittlerweile ca. 15cm höher als zu Beginn unserer Reise. Natürlich werden alle die mich kennen dieses auf meinen immerwährenden Hunger schieben, dies will und kann ich sicher nicht abstreiten, aber es ist nicht nur mein immer knurrender Magen. Denn unsere Route führt uns in immer abgelegenere Gegenden unserer Erde, wo das Einkaufen von speziellen Lebensmitteln oder Ersatzteilen entweder sehr schwierig bis unmöglich oder sehr teuer ist. Natürlich passen wir uns beim Essen an die örtlichen Gegebenheiten an, aber ein bisschen Luxus tut auch mal ganz gut. Was bunkern wir denn so ein, wenn wir zum Beispiel von Chile über 5.000Nm nach Tahiti fahren und mehr oder minder fünf Monate ohne oder nur mit sehr rudimentärer Versorgungsmöglichkeit rechnen müssen. Da wären sehr viele Frischproduckte, welche wir zum Teil rasch verzehren müssen oder entsprechend haltbar machen. So wird fleißig eingekocht, getrocknet oder eingelegt. Man glaubt gar nicht wie lange sich zum Beispiel Kohl oder Zitrusfrüchte bei richtiger Lagerung frisch halten und wie man sich nach zwei Monaten über ein selbsteingekochtes Rindsragout freut. Des Weiteren haben wir natürlich jede Menge Gewürze und jeder, der Barbara kennt weiß, dass dies keinen kleinen Posten darstellt.
Außerdem kommen da noch 40 kg Mehl, 20 kg Nudeln jeglicher Art, ca. 200 diverse Dosen mit Fleisch, Fisch oder Gemüseinhalt, natürlich jede Menge Öl, Essig, Zucker, Tomatenmark, Trockenmilch, Kaffeepulver, Wein, Saft usw., außerdem Reinigungsmittel, Zahnpasta und -bürsten, Sonnencreme, WC-Papier, … . Jetzt werden viele von euch denken, dass man damit sicher nicht auf ca. 1200kg kommt – oh doch, man glaubt ja gar nicht was so in einen Schiffsbauch reingeht. Nicht zu vergessen sind natürlich auch noch die Ersatzteile, Werkzeuge und Materialien. Da hätten wir zum Beispiel Ersatzlichtmaschine, Wasserpumpe, Dichtungssätze, Einspritzdüsen, Öl- und Dieselfilter, 20l Motoröl, 5l Getriebeöl für unseren Motor, Opferanoden, Grundierungen und Lacke für unseren Rumpf, Unmengen an Niroteilen und Ersatzleinen für unser Rigg, weiters Stoffe und Fäden zum Ausbessern unserer Segel und Persenning. 8kg Schweißelektroden, eine Argonflasche fürs WIG-Schweißen und noch vieles mehr. Dann noch abgesehen vom normalen Tank. 550l Diesel sowie die 100l Benzin in Kanistern. Aber jetzt genug mit dem Aufzählen, denn wenn wir hier unsere ganze Proviant-, Ersatzteil -und Geräteliste veröffentlichen, würden wir eine Erweiterung unseres Homepagespeicherplatzes benötigen.
Kommen wir jetzt mal zu einem Thema, das die meisten brennend interessiert. Wenn wir nämlich erzählen, was wir machen, kommt sofort die Frage „Was kostet so was eigentlich“? Nach zwei Jahren hat sich langsam das Leben normalisiert und eingependelt, daher kann man sich mal an dieses Thema wagen. Die die uns kennen wissen, dass wir in erster Linie Land und Leute kennenlernen wollen, das bedeutet, dass wir wenn immer möglich Reisen in das Landesinnere mit dem Mietauto, dem Bus oder dem Flugzeug machen. Natürlich gehen wir gerne und oft essen und halten uns generell so weit wie möglich bei den Einheimischen auf. Kurz und gut, wir sind nicht sehr sparsam. Trotzdem wird einem sehr schnell klar, dass der teuerste Posten das Schiff mit 55% ist. Freizeitgestaltung wie Landreisen und Essengehen kommen dabei auf knapp mal 25%, die restlichen 20 % fallen auf Lebensmitteleinkäufe. Obwohl am Beginn unserer Reise die Schiffskosten noch etwas höher lagen, da wir einige Dinge nachrüsten oder verbessern mussten, sind die Prozentsätze über die letzten zwei Jahre annähernd konstant. Also wenn man sparen will sollte man das nicht an der Freizeitgestaltung, sondern an der Größe des Schiffes machen – je kleiner das Schiff, desto kleiner die Kosten! In klaren Zahlen haben wir über die letzten zwei Jahre durchschnittlich ca. 1.500,-€/Monat alles in allem ausgegeben, also eigentlich gleich viel bzw. etwas weniger als wir so normalerweise zu zweit in Wien benötigt haben.
Wir hoffen euch mit diesen Zahlenspielereien mal gezeigt zu haben, ein solches Unternehmen aus einer anderen Perspektive zu betrachten oder eventuell aber auch den Anstoß, selbst in See zu stechen, gegeben zu haben. Wie verrückt ihr uns jetzt haltet, bleibt jedem selbst überlassen – wir sind auf jeden Fall glücklich!
sytaurus hat am Mai 9th, 2012 22:17 geantwortet:
Da hattet ihr ja ein ganz ähnliches Schiff wie wir und scheinbar liegen wir mit unserem Verbrauch auch gar nicht so schlecht, obwohl wir es uns eigentlich recht gut gehen lassen und kaum auf etwas verzichten. Alles was wir je eingekauft haben ist sicher zu umfangreich für die Homepage, aber wenn euch gewisse Etappen interessieren, können wir sie euch gerne schicken. Es ist immer schön in Kontakt mit anderen Weltumseglern zu sein, nicht nur um „heisse Tipps“ zu bekommen.